NEWSROOM

Von Kant zu TikTok – Aufklärung im Zeitalter von Algorithmen und Echokammern

Von Kant zu TikTok – Aufklärung im Zeitalter von Algorithmen und Echokammern

Projekt des BG zur Meinungsbildung im postfaktischen Zeitalter (Chr. Berner und J. Key-Mattstedt)

„Was ist Aufklärung?“ – mit dieser berühmten und schwierigen Frage von Immanuel Kant startete eine Woche voller Social Media, Filterblasen und Aufklärungswillen. Schnell wurde klar: Unmündigkeit gab es nicht nur im 18. Jahrhundert, sondern findet sich heute im Zeitalter von Instagram, TikTok und Co ebenso. Um das zu beweisen, schlüpften die Schülerinnen und Schüler in stereotype Rollen – von der Klimaaktivistin Mira über Sabine, die esoterische Verschwörungsliebhaberin, bis hin zum Traktorliebhaber Heinz. Zwei Stunden lang bewegten sie sich mit diesen Profilen durch die sozialen Netzwerke und hielten akribisch fest, was ihnen begegnete. Das Ergebnis war so spannend wie erschreckend: TikTok erwies sich als viel aggressiver im Aufbau von Filterblasen als Instagram, die Handy-App wiederum als deutlich manipulativer als die Browser-Version. Besonders heftig: Die Rolle Jamal, ein fitnessbegeisterter Jugendlicher, landete blitzschnell in einer rechten, frauenfeindlichen Bubble und bekam obendrein im TikTok-Shop Waffen-Imitate und Schlagringe angeboten. Spätestens da war allen klar: Aufklärung ist dringend nötig.

Am Dienstag ging es dann an die Uni. Im MMZ erklärte uns Dozentin Maren Schuster, wie Wissenschaftlerinnen Daten erheben. Begriffe wie Filterblase oder Echokammer wurden greifbarer, und es gab spannende Einblicke in die Forschung.

Der Mittwoch stand ganz im Zeichen der Künstlichen Intelligenz. Ein Workshop führte uns in die Welt neuronaler Netze und komplizierte Wahrscheinlichkeitsrechnungen. Am Ende wussten die Schülerinnen und Schüler: Eine KI denkt nicht, sie rechnet nur Wahrscheinlichkeiten aus.

Doch Theorie allein genügt nicht. Nach den erschreckenden Ergebnissen vom Montag wollte die Gruppe aktiv werden – Lernen durch Engagement! Die Idee: Ein Aufklärungsvideo für Eltern von Grundschülern und Kitakindern, das bei Elternabenden gezeigt werden kann. Anfangs war die Skepsis groß: „Schaffen wir das überhaupt in der kurzen Zeit? Wie fangen wir an?“ Aber schon nach kurzer Diskussion war ein kreatives Storyboard gefunden und die Begeisterung übertrug sich auf alle. Am Donnerstag wurde in der Schule gedreht: Protagonist und Kamerateam waren unermüdlich und ungewöhnliche Requisiten kamen zum Einsatz, während andere Gruppen Texte schrieben, Instagram-Posts entwarfen und die Präsentation der Projektwoche vorbereiteten.

Noch wird über den Inhalt des Videos nichts verraten – Premiere ist am 26. September 2025 bei der großen Projektpräsentation in der Aula. Danach soll es an Schulen und Kitas gehen, damit Eltern besser verstehen, wie schnell Kinder und Jugendliche in die Fänge von Algorithmen und Echokammern geraten.

Am Ende bleibt festzuhalten: Die Schülerinnen und Schüler haben in dieser Woche nicht nur Kant gelesen, experimentiert und KI-Algorithmen gerechnet, sie haben auch selbst Verantwortung übernommen, ein Produkt für die Gesellschaft geschaffen und gezeigt, dass Aufklärung heute aktueller ist denn je.

Johannes Key-Mattstedt