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UNSERE GEDENKSTÄTTENFAHRT NACH BUCHENWALD

UNSERE GEDENKSTÄTTENFAHRT NACH BUCHENWALD

Deutschland gilt international als vorbildlich für den Umgang mit dem dunklen Kapitel der NS-Zeit sowie dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Gleichzeitig mehren sich seit Jahren geschichtsrevisionistische Tendenzen, welche bereits in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Demnach gilt es zu fragen, welche Bedeutung der Besuch einer Gedenkstätte für uns junge Menschen hat.

Am 26.11.2024 begaben sich die drei Geschichtskurse der BG22 auf eine Exkursion nach Weimar zur Gedenkstätte des Konzentrationslagers Buchenwald. Auf dem Weg dorthin stieg der Kurs von Frau Wenzel bereits etwas früher aus dem Bus, um den Gedenkweg zu beschreiten – denselben Weg, der noch vor 90 Jahren von Schienen gesäumt war und über den Häftlinge zum Ort ihrer „Schutzhaft“ gebracht wurden. Die Einsamkeit und beklemmende Atmosphäre dieses scheinbar endlosen Pfades durch das gelb-braune und verwachsene Dickicht begleitete uns über längst verrottete Schienenanlagen bis zum Bahnhof des Lagers, an welchem die Inhaftierten entweder ankamen oder von welchem sie in der Spätphase des Reiches in andere Lager, oftmals auch Vernichtungslager, deportiert wurden. Erstaunlich passend erklang zur gleichen Zeit, als wir uns vom Bahnhof zum Lager begaben, der Glockenschlag des von der DDR errichteten Turms mit seinen dunkel und dystopisch klingenden Tönen.

Am Museumsgebäude vor dem eigentlichen Haftlager erfuhren wir aus einem Schülervortrag etwas über die „Hexe von Buchenwald“, Ilse Koch. So besaß diese sadistische Tendenzen und ließ etliche Häftlinge zu ihrem Vergnügen mit den unterschiedlichsten Begründungen töten oder schwärzte sie bei den SS-Offizieren an. Diese menschlichen Abgründe erschreckten uns zutiefst. Anschließend durchschritten wir das Eingangstor des Lagers, an welchem der berüchtigte Schriftzug „Jedem das Seine“ angebracht wurde – aus seinem eigentlich demokratischen Kontext gerissen, von Inhaftierten angefertigt und nur von der Innenseite der Anlage lesbar, dafür jedoch in moderner und „entarteter“ Bauhausschrift, den Nationalsozialisten zum Hohn. Auf dem Appellplatz, einer riesigen, betonierten und kargen Fläche, mussten während des Lagerbetriebs alle Häftlinge früh morgens und spät abends antreten, um gezählt zu werden, und das nach teilweise Zwölfstundenschichten und mit mangelnden Rationen, zudem in jeder Wetterlage – fehlte jemand, mussten sie teils stundenlang dort geradestehen. Die Häftlinge wurden in hölzernen Baracken untergebracht, welche wenig Schutz boten und kaum als Unterkunft bezeichnet werden konnten. In ihnen hausten hunderte Menschen und verschleppten alle möglichen Krankheiten. Besonders desaströs gestalteten sich die Haftbedingungen im „Kleinen Lager“. In die umgebauten Pferdeställe wurden die kranken und nicht mehr arbeitsfähigen Häftlinge gebracht. Menschliche Exkremente, Krankheiten, Hunger machten den Teil des Lagers zur Todeszone, so sehr, dass sogar die SS das „Kleine Lager“ mied, was wiederum dem lagerinternen Widerstand half, um sich dort ungestört versammeln zu können. Die größte Gruppierung bildete das Internationale Lagerkommitee, die sich sehr dafür einsetzte, die Haftumstände der Inhaftierten zu verbessern. Ein besonders großer Erfolg war dabei die Einrichtung von Kinder- und Jugendbaracken, z.B. Block 66. Für Hunderte von jungen Menschen bedeutete dieser Ort die Rettung vor dem Tod. Doch auch der lagerinterne Widerstand konnte nicht verhindern, dass einige für medizinische Experimente oder Giftspritzenversuche im Häftlingskrankenbau missbraucht wurden. Als letzte Einrichtung betraten wir den Ort des Lagers, der vielen Inhaftierten ihre letzte Ruhestätte raubte: das Krematorium. Hier verbrannten die Nationalsozialisten all die, die den Aufenthalt im Lager nicht überlebten, sei es durch Hungertod, Seuchen oder Exekution. Zeitgleich wurden im

Krematorium auch aktiv Häftlinge getötet. Davon zeugen noch heute eine Genickschussanlage, getarnt als Messlatte, sowie Haken im Keller, an denen Inhaftierte erhängt und direkt danach verbrannt wurden. Eine Bilderreihe zeigt riesige Leichenberge und dennoch bei Weitem nicht die gesamte Dimension der Verbrechen. In Buchenwald verloren 50000 Personen ihr Leben.

Unsere Fahrt nach Buchenwald hat uns deutlich gemacht, welche Schrecken die NS- Herrschaft verursachte und wie wichtig eine Gedenkstättenfahrt im Hinblick auf die eingangs erwähnte Problematik ist. Für Jugendliche aus unserer Region ermöglicht eine Exkursion zum Ettersberg eine bedeutsame Erfahrung, um die Relevanz von Werten wie Demokratie, Toleranz und Vielfalt zu verinnerlichen. Denn wir alle sind dazu aufgerufen, diese dunkle Zeit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, damit sich so etwas nie wiederholt.

von Hannes Hackel (BG22)